
5 Fragen an Daniela Niemeyer
Welche Dinge haben Ihnen zu Ihrem Erfolg verholfen?
Vor allem die tiefe Auseinandersetzung mit der Frage: „Was bedeutet Erfolg für mich wirklich?“. Und: Das Vertrauen in meine innere Stimme, auch wenn ich das erst schmerzhaft lernen musste. Die Erleichterung, die mit der Akzeptanz der eigenen Bedeutungslosigkeit einhergeht. Meine Überzeugung, dass die Menschen, die meinen Weg kreuzen, das nicht zufällig tun. „I'm standing on the shoulders of giants“, wie es Arnold Schwarzenegger so wunderbar gesagt hat. Außerdem mein starker innerer Antrieb: Ich liebe es, mich tief in die Themen, die mich faszinieren einzuarbeiten, immer mehr zu lernen, Dinge auszuprobieren und sie weiterzuentwickeln. Die einzige, die meinem „Erfolg“ meist im Weg steht, ist diese sehr anspruchsvolle Perfektionistin in mir.
Ich bin jetzt schon stolz darauf, dass ich mutig genug war, meiner inneren Stimme zu folgen und meinen Erfolgsmaßstab nicht für den Rest meines Lebens an Titel und Gehalt zu knüpfen. Für diese Einsicht brauchte es allerdings viel Zeit, ein Kind und einen Holzhammer. Mit Stand heute möchte ich irgendwann auf ein Leben zurückblicken, das geprägt war von der Entscheidung für die Menschen und die Themen, die mir wichtig sind und denen ich wichtig bin. Ich hoffe, dass es mir immer besser gelingt, dem allgegenwärtigen Effizienzdruck erfolgreich zu widerstehen, um dem Leben die Chance zu geben, seine vielen Facetten zu entfalten.
Was war der beste/wichtigste Business-Ratschlag, den Sie je bekommen haben – und von wem?
„Das Leben ist zu kurz für Zeitmanagement“ von Oliver Burkeman in seinem Buch „4.000 Wochen“ und „Glaub nicht alles, was du denkst.“ Letzterer ist mir ein wertvoller Begleiter, vor allem in unsicheren Zeiten.
Was war das (bislang) wichtigste Learning Ihrer Karriere?
Eine Erschöpfungsdepression ist nichts, was man erlebt haben muss. Gleichzeitig war es eine der wichtigsten Erfahrungen, die ich in meinem Leben machen durfte. Ohne diesen Einschnitt wäre ich heute nicht die, die ich bin – und hätte vermutlich nicht mein eigenes Unternehmen gegründet. Diese tiefe Krise war der Beginn eines Wegs zurück zu mir selbst. Heute bin ich (zumindest in meiner Definition) erfolgreicher denn je.
Gleichzeitig beschäftige ich mich mit der Frage, wie sehr mein „Versagen“ als Mutter in einer Führungsrolle strukturell bedingt war. Es erschüttert mich, zu erleben, wie viele gebildete und talentierte Mütter die Last all der Erwartungen, die an sie gestellt werden, nur jonglieren können, in dem sie sich selbst hinten anstellen und sie keine Chance bekommen, ihre Arbeit und Führung anders zu denken.
Stichwort Stress und mentale Gesundheit: Wie achten Sie auf sich?
Achtsamkeit im Umgang mit mir selbst und anderen hat nach meiner Krisen-Erfahrung einen anderen Stellenwert bekommen. Meditieren hat mich nicht gerettet, aber es begleitet mich seit Jahren und hilft mir (meistens), die Balance zu behalten. Ich nutze außerdem ganz bewusst jeden Tag die Zeit mit meinem Hund Lucky in der Natur – bei Wind und Wetter, ohne iPod in den Ohren, ohne Telefon – das gibt mir Fokus und ermöglicht die besten Ideen für meine Arbeit.
Außerdem habe ich die Freiheit zurückgewonnen, selbst zu entscheiden, welche Aufträge ich annehme, wann ich arbeite und wann ich mir Zeit für die Menschen und Dinge nehme, die mir wichtig sind.
Ihre Vision, Ihr Wunsch, Ihre Ideen: Wie arbeiten wir 2030?
Mein Thema, hold my horses ;)
Ich bin dankbar, dass ich schon heute mit Menschen und Unternehmen arbeiten darf, die ein echtes Interesse daran haben, ihre Arbeit und ihr Unternehmen neu zu denken. Auch wenn aktuell der Ruf nach „starken Führungsfiguren“ wieder laut durchs Land hallt, bin ich überzeugt davon, dass mechanistisches Denken und die entsprechenden Strukturen ausgedient haben. Sie haben der Komplexität und Volatilität unserer Zeit keine hilfreichen Antworten entgegenzusetzen.
Die damit bewältigbaren „Routine“-Arbeiten werden in Zukunft höchstwahrscheinlich von KI oder Robotern übernommen werden. Das eröffnet die Chance, unsere menschlichen Talente für die Bewältigung komplexer Herausforderungen zu nutzen. Für eine Welt, die für alle lebenswert ist.